Was wir in Mecklenburg Vorpommern wollen

Unsere Agenda für eine tierschutzgerechte, umweltschonende und flächengebundene Tierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern haben wir im Jahr 2012 in einem gleichlautenden Antrag (Landtagsdrucksache 6/1232) an den Landtag Mecklenburg-Vorpommerns zusammengefasst.

„Der Landtag möge beschließen:

1. Abschaffung des Bauprivilegs für Nutztierhaltungsanlagen nach dem BImSchG

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für die Abschaffung des Bauprivilegs für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Nutztierhaltungsanlagen einzusetzen. § 35 Baugesetzbuch soll wie folgt geändert werden:

Eine Privilegierung (d.h. in § 35 Absatz 1 Nummern 1 und 4) soll nur zutreffen, wenn die Auslöseschwelle zur UVP-Vorprüfung nicht erreicht wird. Die Privilegierung ist für Anlagen aufzuheben, die eine UVP-Vorprüfung erforderlich machen.

Im Baugesetzbuch ist eine Ermächtigung für Kommunal- bzw. Regionalplanungsbehörden vorzusehen, damit diese entsprechend den Erfordernissen vor Ort weitergehende Einschränkungen des privilegierten Bauens im Außenbereich verbindlich festlegen können.

Eine Privilegierung soll nur dann möglich sein, wenn der Betrieb das zur Versorgung seiner Tiere notwendige Futter überwiegend, d.h. bei Monogastern von über 50 Prozent und bei Wiederkäuern von über 70 Prozent, auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt.

Um weite Gülle-, Mist- und Kottransporte zu vermeiden und einen lokalen Nährstoffkreislauf sicher zu stellen, sollen neue Tierhaltungsanlagen im Außenbereich nur noch unter der Voraussetzung genehmigt werden, dass der anfallende Wirtschaftsdünger im eigenen oder in landwirtschaftlichen Betrieben in einem Umkreis von 20 Kilometern ausgebracht und verwertet werden kann.

Gewerbliche Tierhaltungsanlagen, die in keinem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Betrieb stehen, sollen nicht mehr baurechtlich privilegiert sein.

Für Tierhaltungsanlagen im Außenbereich, die nicht unter eine Privilegierung fallen, muss zukünftig ein Bebauungsplan erstellt werden. Damit können die Kommunen ihre kommunale Planungshoheit einschließlich Öffentlichkeitsbeteiligung wahrnehmen und eine strengere Prüfung der Beeinträchtigung öffentlicher Belange durchführen.

Die Tiere müssen für eine Privilegierung tiergerecht gehalten werden. Die derzeitigen gesetzlichen Mindestvorgaben in puncto tiergerechte Haltung sind zu gering, um eine baurechtlichen Privilegierung zu rechtfertigen; um diese zu erlangen, müssen deutlich höhere Standards festgelegt werden. Das bedeutet, dass Ställe mit Mindestbewegungs(frei)flächen und -ausstattung erforderlich sind, die deutlich über den derzeitigen gesetzlichen Vorgaben liegen.

Der Viehbesatz der Betriebe darf 1,7 Großvieheinheiten je Hektar landwirtschaftlich selbst genutzter zuzüglich für die Gülle- und Mistausbringung langfristig gebundener Flächen innerhalb eines 20 Kilometer-Radius um den Betrieb nicht übersteigen.

Weitere Bedingung für eine Privilegierung soll sein, dass der Betreiber einer geplanten Tierhaltungsanlage ein aktiver Landwirt ist; also ein fiskalisch anerkannter Landwirtschaftsbetrieb im Haupterwerb oder eine natürliche Person, die den Beruf des Landwirts im Nebenerwerb ausübt. In jedem Fall muss der Sitz des Betriebes in Mecklenburg-Vorpommern liegen; er darf nicht als Eigentümer, Gesellschafter oder Kommanditeur an einem weiteren tierhaltenden Betrieb beteiligt sein.

2. Strengere Regelung zur Reduktion von Schadstoffen

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für strengere Regelungen zur Reduktion von Bioaerosolen, Ammoniak, Stäuben und Geruchsemissionen aus Tierhaltungsanlagen einzusetzen, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Folgen der industriellen Tierhaltungsanlagen auf die natürlichen Ressourcen und das Klima gerecht werden. Dafür sind eine Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und Überarbeitungen der Bundes-Immissionschutzverordnungen, insbesondere der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung, unabdingbar. Das Land verstärkt in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern und dem Bund die Erforschung der Gesundheitsgefahren durch Tierhaltungsanlagen und Hintergrundbelastung, insbesondere im Hinblick auf Bioaerosole.

3. Einhaltung der EG-Richtlinien

Das Land setzt sich im Rahmen der EG-Richtlinie über nationale Emissionshöchstgrenzen, bei der eine Obergrenze für Ammoniakemissionen festgelegt wurde und Deutschland eine Obergrenze in Höhe von 550.000 Tonnen Ammoniak pro Jahr nicht überschreiten darf, für die Einhaltung der Höchstmengen des Ammoniakausstoßes gemäß den EU-Vorgaben ein und sichert dies durch geeignete Vorgaben an die Landkreise und Immissionschutzbehörden (wie z. B. regionalisierte Tierbestandsobergrenzen und Beschränkung von weiteren Stallbaugenehmigungen; Verpflichtung zum Einbau von
Filtern, Güllenachweisflächen unter Berücksichtigung der kritischen Ausbringungsmengen von Nährstoffen [critical loads]).

4. Überarbeitung gesetzlicher Vorgaben

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für die Überarbeitung des Tierschutzgesetzes und der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit dem Ziel der tiergerechten Haltung von Nutztieren und für ein einheitliches verpflichtendes Tierschutzlabel einzusetzen, das artgerechte Haltungsformen kennzeichnet. Durch eine eindeutige Kennzeichnung können Verbraucherinnen und Verbraucher auch bei Produkten mit tierischen Bestandteilen erkennen, aus welcher Haltungsform die Zutaten stammen und wie sie erzeugt wurden.

5. Mitwirkungs- und Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, ein Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine zu erarbeiten und dem Landtag vorzulegen. Mit diesem Gesetz soll anerkannten Tierschutzvereinen ein Verbandsklagerecht eingeräumt werden, damit sie die Interessen der Tiere als deren Treuhänder nicht nur aussprechen, sondern erforderlichenfalls auch vor Gericht geltend machen und einklagen können.

6. Reduzierung Antibiotika-Einsatz

Die Landesregierung erarbeitet einen Landesplan zur Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung und erstellt jährlich einen Bericht zum Antibiotikaeinsatz, um gemeinsam mit den anderen Ländern, den Landesplan zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes zu vervollkommnen, diesen fortlaufend zu evaluieren und weiter zu entwickeln.

7. MV sollen keine Anlagen als Gesellschafter planen

Das Land Mecklenburg-Vorpommern beendet als Gesellschafter der Landgesellschaft M-V mbH und der LMS Landwirtschaftsberatung Mecklenburg-Vorpommern/Schleswig-Holstein GmbH, deren Engagement als planende Institutionen für Tierhaltungsanlagen.

8. Transparente Genehmigungsverfahren gewährleisten

Die Landesregierung erarbeitet zur Verbesserung der Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen einen Leitfaden für die korrekte Durchführung dieser Genehmigungsverfahren sowie über den bestverfügbaren Stand der Technik und und sichert durch Qualifizierung der Mitarbeiter der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden, dass sowohl die immissionsschutzrechtlichen, wie auch die baurechtlichen Vorschriften, insbesondere die Bestimmungen für den Brandschutz nach Landesbauordnung, durch die Vorhabensträger vorschriftsgemäß bearbeitet und die entsprechenden technischen Anlagen nachgewiesen werden.

9. Tierhaltungsanlagen Tiereignungsgebieten zuordnen

Die Landesregierung berücksichtigt die raumbedeutsame Wirkung von Tierhaltungsanlagen bei der Neufassung des Landesraumentwicklungsprogramms und wirbt in den Regionalen Planungsverbänden für die Einführung von „Eignungsgebieten für die Tierhaltung“ als konkretisierende Kategorie der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft. Bei der Planung von Tierhaltungsanlagen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist bzw. die die Schwelle für die Vorprüfung auf UVP-Pflichtigkeit erreichen, führt die Landesregierung ein obligatorisches Raumordnungsverfahren ein.

10. Bürgerbeteiligung fördern

Die Landesregierung setzt sich für eine verstärkte und frühzeitige Bürger- und Verbändebeteiligung bei der Planung von Tierhaltungsanlagen ein.

11. Ausstieg aus der Massentierhaltungsbranche vorantreiben

Die Landesregierung erkennt die Planung, den Bau und die Erweiterung von immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Nutztierhaltungsanlagen nicht weiter als förderfähig an.

12. Förderung alter Haustierrassen

Die Landesregierung fördert die Biodiversität bzw. die genetische Vielfalt in der Tierhaltung durch die Förderung alter Haustierrassen.

13. Auswirkungen der gewerblichen Tierhaltung untersuchen

Die Landesregierung befördert die wissenschaftliche Analyse zur Frage, wie sich die heutige Landwirtschaft und die gewerbliche Tierhaltung auf dörfliche Sozialsysteme auswirken.

14. Aktualität in der politischen Debatte wahren

Die Landesregierung berichtet dem Landtag kurzfristig über die bisherigen Arbeitsergebnisse der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft „Landwirtschaftliche Erzeugung und Markt“, die im Auftrag der Agrarministerkonferenz zu Fragen und Problemen bei der Nutztierhaltung in Deutschland Lösungsvorschläge erarbeitet.

Jürgen Suhr und Fraktion“.